Ich, Jahrgang 1974, bin in einem Land aufgewachsen, in dem es ein Grundgesetz gibt, das uns Grundrechte garantiert. Ich kenne keine Zeit ohne diese Rechte. Ich musste sie nicht erkämpfen, sie waren immer da. Jetzt sehe ich Menschen, die gegen den Staat kämpfen, der mir diese Grundrechte zusichert. Menschen, die aufgrund diffuser Ängste und beängstigender Verschwörungstheorien auf die Straßen gehen, jede Vorsicht fallen lassen und ohne Schutz und Abstand demonstrieren. In Art. 8, Abs. 1 des Grundgesetzes steht: „Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“ Friedlich und ohne Waffen. Und dennoch sehe ich, wie einige dieser Menschen Journalisten verprügeln und gewaltsam gegen Polizisten vorgehen. Das macht mir Angst.
Warum achten Menschen, die auf ihren Rechten pochen nicht selbst diese Rechte? Pressefreiheit ist durch das Grundgesetz geschützt. „Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“ Jede menschliche Gemeinschaft – das bezieht sich auf uns alle. Auf die, die jetzt demonstrieren und auf die Gesetzeshüter, die dem gegenüberstehen. Lasst uns von denen, die jetzt versuchen durch das Schüren von Angst Aufruhr zu erregen und Spaltung zu ernten, die Einhaltung der Grundrechte fordern, die sie zu beschützen vorgeben.
Guter Gott, wir Menschen haben in dieser Krise Angst. Wir wissen nicht, was noch auf uns zukommt und wann wir unser normales Leben zurückbekommen. Bitte hilf uns, dass wir in unserer Angst nicht das Falsche tun. Bitte lass uns erkennen, wer unsere Sorgen für seine Zwecke ausnutzen möchte und gib uns die Weitsicht, richtige Entscheidungen zu treffen.
Presbyterin Katja Dirks